Ukraine Landwirtschaft

Was der Krieg in der Ukraine für unsere Landwirtschaft bedeutet

Dieser Tage sind unser Blick und unsere Gedanken unentwegt bei der Ukraine und den Menschen, die dort um ihr Leben fürchten müssen. Was dort geschieht ist größtes Unrecht, welches Putin als Kriegstreiber zu verantworten hat.

Angesichts der aktuellen Situation stellt sich manchen die Frage:
Ändert die aktuelle Krise den eingeschlagenen Weg der Transformation der Land- und Lebensmittelwirtschaft hin zu mehr Biodiversität, Klimaschutz und Tiergerechtigkeit?

Die Antwort lautet ganz klar:
Sicherlich nicht, ganz im Gegenteil!
Der eingeschlagene Weg, auf den die Ampel-Koalitionäre sich geeinigt haben, ist nicht nur richtig, sondern notwendig.
Wir brauchen landwirtschaftliche Produktion und Lieferketten – gerade bei Lebensmitteln – welche die Ernährungssouveränität- und sicherheit jedes Landes –  auch Deutschlands – sicherstellen.
Dies in Frage zu stellen, heißt die dramatischen Zustände in der Ukraine für seine politischen Eigeninteressen zu missbrauchen.

Gerne möchte ich dies ausführen:
Ja, es muss ein Umdenken in der europäische Sicherheitsarchitektur stattfinden.
Wir brauchen stabile Lieferketten, wir müssen energieautark werden, uns regionaler aufstellen und unabhängiger werden.  Unsere politische Pflicht ist es, die Landwirtschaft und das Ernährungssystem krisenstabil für die Zukunft aufzustellen.
Auf diese Stabilität muss der Kompass ausgerichtet sein. Sind die Dürrejahre der letzten Jahre auch in Deutschland vergessen?  Die Ernteausfälle weltweit, die vielen Hektar toter Wald/Schadflächen in Deutschland?

Nein, wir können mehr als das. Wir werden nicht sehenden Auges in die nächste Krise laufen.
Und dem nicht genug – die 200 Millionen hungernden Menschen im globalen Süden, müssen Auftrag genug sein, den Klimawandel energisch anzupacken und hier wie dort mit agrarökologischen Maßnahmen resiliente Landwirtschaft zu fördern und weiterzuentwickeln.

Zurück zur aktuellen Situation.
Russland trägt zu 10 % und die Ukraine zu 4 %  zur globalen Weizenerzeugung bei und beide Länder exportieren einen großen Teil davon. Beide haben bisher vom Klimawandel profitiert und daher gute letzte Ernten eingefahren. Der schreckliche Krieg wird ohne Zweifel Auswirkungen auf die zu erwartenden Ernten haben.

Manche sprechen dieser Tage von „Versorgungsengpässen“ und einer „Gefährdung der Selbstversorgung“ von Deutschland und der EU. Hier kann ich nur beruhigen. Bei den Produkten, welche die beiden Länder primär produzieren und exportieren, herrscht in Deutschland ein Selbstversorgungsgrad von über 100%, das heißt wir sind unabhängig. Zwar müssen wir bei Obst mit 22% und Gemüse mit 37% Selbstversorgung besser werden, aber daran arbeiten wir gerne.

Das heißt, dass wir hier in Deutschland und Europa mit die Letzten sind, die von möglichen fehlenden Agrarexporten der Ukraine und Russland betroffen wären –  ganz im Gegensatz zu den Hauptimportländern in Nordafrika, der Türkei und Asien. Wegen des wegbrechenden Exportes wird es zudem zu globalen Preissteigerungen kommen – mit enormen Folgen für Hunger und damit verbundenen Unruhen in den ärmeren Regionen der Welt.  Die unterbrochene Lieferlogistik kann sich schon kurzfristig zu einer humanitären Katastrophe  in weniger entwickelten Ländern führen. Da gilt es entschieden zu handeln und zu unterstützen.

Die aktuelle Situation nun für Panikmache zu nutzen und hinter bereits geeinte Positionen einer nachhaltigeren und ökologischeren Landwirtschaft zurückzufallen, ist egoistisch. Wer nun die Ökologisierung der Landwirtschaft oder die europäische Farm to Fork-Strategie in Frage stellt, sollte sich eher dafür einsetzen, dass das Recht auf Nahrung für alle erfüllt werden kann.

Die heutige Lage in der Ukraine ändert nichts an den grundsätzlichen globalen Herausforderungen im Bereich Umwelt, Klima und Landwirtschaft. Wir haben handfeste Probleme zu lösen. Beispielsweise landen 50% der weltweiten Weizenproduktion Futtertrog landet, statt Menschen zu ernähren.

Genauso sind wir den anderen Ländern verpflichtet, ihr Recht auf Nahrung zu respektieren. Das treten wir mit Füßen, wenn wir in Ländern, wo Menschen Hunger leiden, landwirtschaftliche Flächen als Futterflächen für Tiere nutzen. Viel zu oft werden dafür Menschen vertrieben.

Wir wollen eine Landwirtschaft, die die Ressourcen schont, von denen sie lebt und von denen wir leben.
Ausgelaugte Böden, Extremwetter und schwindende Artenvielfalt gefährden die Ertragsfähigkeit der Landwirtschaft jetzt und für die nachkommenden Generationen.
Wir möchten kurze Wege für gute regionale Produkte.
Wir wollen das Ernährungssystem national und international resilienter machen, indem wir etwa unseren Selbstversorgungsgrad bei Obst und Gemüse deutlich erhöhen und dabei Klima und Artenvielfalt schützen.
Das hat der Koalitionsvertrag von SPD, GRÜNEN und FDP adressiert.
Dieser Weg muss nun noch dringlicher und konsequenter fortgesetzt werden.

Deshalb ist der gemeinsam mit allen Koalitionären eingeschlagene Weg der Bundesregierung die Produktivität zu sichern bei gleichzeitig höherer Beachtung einer umwelt- und klimaverträglichen Erzeugung der richtige Weg.

Doch das aller wichtigste ist derzeit den UkrainerInnen zu helfen. Unser Bundeslandwirtschaftsministerium organisiert innerhalb des Krisenstabes Hilfen für die Ukraine. Ich danke allen, die hochprofessionell und selbstlos unverderbliche Nahrungsmittel unbürokratisch zur Verfügung stellen.

Wir müssen jetzt helfen und gleichzeitig zukünftige Krisen klar in Angriff nehmen. Wir stehen zu unser Verantwortung und handeln wohlüberlegt. Dieses tun wir gemeinsam und im Gespräch. Wir danken hier ausdrücklich den Menschen der Ernährungsbranche. Ihre Hilfsbereitschaft und Solidarität berührt uns. Schnellschüsse an Anschuldigungen sind gerade kräfteraubend und hilft weder der Ukraine, noch den Menschen, die viel Getreide importieren. Da appelliere ich an gute Vorschläge, sachlich vorgetragen, denen wir uns nicht verschließen.

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