Zur öffentlichen Anhörung des Hauptausschusses zum Thema: Änderung im Umsatzsteuerrecht
Das Bundesfinanzministerium hat im Oktober 2021 in enger Abstimmung mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Durchschnittssatz der Umsatzsteuerpauschalierung von derzeit 10,7 % auf 9,5 % absenkt. Für die pauschalierenden Landwirte bzw. Forstwirte bedeutet das eine steuerliche Mehrbelastung von rund 95 Mio. €.
Die Neuregelung soll dafür sorgen, dass die EU-Kommission das Klageverfahren und die beihilferechtliche Überprüfung zur Pauschalierung einstellt. Bereits im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 vom 28.12.2020 hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) im vergangenen Jahr beschlossen, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit einem Umsatz von mehr als 600.000 EUR ab dem Kalenderjahr 2022 die Umsatzsteuerpauschalierung nicht mehr anwenden dürfen.
Für Betriebe mit einem Umsatz über 600.000 EUR im Kalenderjahr 2021 gilt dann ab dem Jahr 2022 die Regelbesteuerung. Bei der Regelbesteuerung muss die ausgewiesene Umsatzsteuer an den Fiskus abgeführt werden, gleichzeitig kann aber die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen geltend gemacht werden. Im Gegensatz hierzu kann bei der Pauschalierung keine Vorsteuer gezogen, dafür aber die Pauschalierungsumsatzsteuer von 10,7 % (ab 01.01. 2022 9,5 %) als zusätzlichen Einnahme einbehalten werden.
Wir wollen die Pauschalierungsmöglichkeit der Umsatzsteuer grundsätzlich erhalten, da dies insbesondere für kleine Betriebe (Nicht-Buchführungspflichtigen Betriebe nach §13a AO) eine wichtige Bürokratieentlastung bei der Buchführung darstellt.
Die mit der Absenkung des Umsatzsteuersatzes verbundenen steuerlichen Mehrausgaben für pauschalierende Betriebe in Höhe von 95 Mio. € treffen v.a. Betriebe mit einer hohen Wertschöpfung, viehhaltende Betriebe und Betriebe mit Sonderkulturen. Die Einkommenssituation vieler landwirtschaftlicher Betriebe, insbesondere der kleineren viehhaltenden Betriebe ist aktuell extrem angespannt. In den vergangenen 10 Jahren haben 13 % der landwirtschaftlichen Betriebe aufgegeben, 22% der viehhaltenden Betriebe, 40% der Milchbetriebe und 47% der Betriebe mit Schweinehaltung.
Die durchschnittliche Zahl der Rinder pro Betrieb erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 87 auf 104, die durchschnittliche Zahl der Milchkühe pro Betrieb von 46 auf 72, die durchschnittliche Zahl der Schweine pro Betrieb stieg von 459 auf 826 Tiere. Der Anteil der Rinder mit Weidehaltung sank im gleichen Zeitraum von 37% auf nur noch 31%. Wir brauchen aber gerade die kleineren und regional verankerten Betriebe, wenn wir den Umbau der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit, regionaler Erzeugung, gesunder Ernährung und mehr Tierwohl voranbringen wollen.