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Rechnen wir doch mal zusammen

Was schätzen Sie: Was kostet es allein die Stuttgarter Stadtwerke, das Trinkwasser so aufzubereiten, dass es nicht zu viel Nitrat und alles mögliche andere enthält? Das geht in die Milliarden. Eigentlich unvorstellbar. 

Und die Krankheiten, die von falscher Ernährung her rühren, machen gut zwei Drittel unserer Gesundheitskosten aus. Sie liegen damit weit vor solchen Ursachen wie Rauchen.

Solche Kosten einer falsch ausgerichteten Nahrungsmittelerzeugung und Ernährungspolitik zahlen wir alle. Und für die EU-Subventionen stehen wir auch noch gerade. 

Wenn wir aus all diesen Faktoren ein ehrliche Gesamtrechnung machen würden, würde sich schnell herausstellen: Die billigen Lebensmittel in unseren Supermarktregalen kommen uns ganz schön teuer.

Umdenken statt reparieren

„Klasse statt Masse“ fordern die Grünen ja schon lange. Das klingt für viele nach einem elitärer Ansatz. Das ist es in dieser Gesamtrechnung aber nicht. Sicher muss gesundes Essen für die Menschen erschwinglich bleiben, aber das kann es auch: Je mehr wir zum Beispiel auf die Umwelt-belastenden Erzeugermethoden verzichten, desto mehr sparen wir uns die „Reparaturkosten“, die wir für sauberes Wasser, saubere Böden und saubere Luft investieren müssen. Und die Kosten, die mit dem Klimawandel auf uns zu kommen, sind da noch gar nicht mitgerechnet.

Agrarfirmen halten mir oft entgegen, dass wir die Masse brauchen, weil wir die ganzen 10 Milliarden Menschen auf dieser Welt ernähren müssen. Aber das ist einfach Quatsch. Mit den Massen, die bei uns in den Einzelhandel kommen, ernähren wir doch nicht Afrika. 

Was daran richtig ist: Wir sollten Afrika mehr unterstützen, wieder zu Ernährungssouveränität zu kommen – auch weil wir ihnen das mit unserem hohen Ausstoß an klimaschädlichen Gasen gerade echt schwer machen. 

Was wir dagegen in Deutschland brauchen, sind neue Lösungen, die die Gesamtrechnung im Blick haben. 

Bis zum Ende denken

Ich bin in sehr vielen Arbeitsgruppen, politischen wie universitären, die sich über solche guten Lösungen Gedanken machen. Dabei ist es mir ganz wichtig, dass wir diese Lösungen auch wirklich bis zum Ende denken. Wenn wir eine Lösung vorschlagen, die bedeutet, dass hier der Massen-Schweinestall nicht weitermachen kann. Eröffnet dafür einer in Spanien, ist niemandem geholfen. Und so ist das mit vielen Dingen. 

Aber wir werden gemeinsam gute Lösungen finden. Übrigens nicht nur in der Ur-Produktion, sondern in allen Gliedern der Wertschöpfungskette. Dass zum Beispiel die großen Lebensmittelketten immer mehr Bio-Produkte anbieten, ist prima – das allein reicht aber nicht. Wir brauchen mehr Diversität im Handel, um die Verbraucher mit den guten Lebensmitteln zu versorgen, die sie sich wünschen. 

Und nicht zuletzt brauchen wir Verbraucher ein Bewusstsein, wie wichtig gute Ernährung für unsere Gesundheit ist. Da könnten auch die Krankenkassen in der Gesamtrechnung eine Menge Geld sparen, wenn sie mehr in die Vorbeugung ernährungsbedingter Krankheiten anstatt in deren Behandlung investieren würden. Das hat dann nur zum Teil mit guter Landwirtschaft zu tun und viel mit zuckerhaltigen Getränken und verarbeiteten Produkten, aber das hängt alles zusammen.

Klar, die Gesamtrechnung ist ganz schön komplex, aber es ist dringend an der Zeit, dass wir alle Kosten auf den Tisch legen. Denn dann wird offensichtlich, dass uns „besser statt mehr“ auf lange Sicht viel günstiger kommt.

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