Reden bringt mehr als Vorwürfe – Ophelia Nick

Warum reden mehr bringt als Vorwürfe machen

Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist ein Ponyhof – diese Illusion habe ich nie gehabt. Dafür war ich als Kind zu oft auf den Höfen meines Großvaters. Ich weiß, dass Landwirtschaft auch funktionieren muss. Da kann es nicht immer kuschelig zugehen.
Deshalb würde ich nie pauschal alle konventionell arbeitenden Bauern verurteilen: Ich weiß, wie hart es ist, unter den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu produzieren. Und wenn da der ein oder andere abstumpft gegenüber dem Leid der Tiere, dann hat er es oft genug nicht anders erlernt.
Was würden Vorwürfe auch bringen außer den Reflex sich zu wehren? Nein, wir brauchen einen anderen Weg.

Keine neuen Bauern

Mein Buch trägt den Titel „Neue Bauern braucht das Land“. Heute würde ich ganz sicher dem Verlag gegenüber auf einem anderen Titel bestehen. Denn wir brauchen keine neuen Bauern, sondern wir brauchen neue Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft. Rahmenbedingungen, die den Bauern erlauben, für mehr Gesundheit in ihren Ställen und auf ihren Äckern zu sorgen. Wir brauchen gemeinsame Lösungen.
Ich weiß von so vielen Bauern, die inzwischen auch gemerkt haben: „Hmmm, so geht es nicht“. Die bereit sind, in einen konstruktiven Dialog einzusteigen. Das ist etwas, was ich unbedingt unterstützen möchte. Denn es geht darum, dass alle zusammen gute Lösungen entwickeln. Dass wir voneinander lernen.

Voneinander lernen

Ja, ich glaube, die ökologische Landwirtschaft kann genauso von der konventionellen Landwirtschaft lernen wie umgekehrt. Und auch die Bürger müssen in diese Kommunikation einsteigen. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, diesen groß angelegten Dialog zu fördern und zu gestalten.
Es gibt allerdings Bauern, die sagen: „Die normalen Konsumenten haben doch keine Ahnung, die sollen sich nicht einmischen.“ Das denke ich nicht. Im Gegenteil: Es kann ja wohl nicht sein, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher, die das produzierte Essen auf dem Tisch haben, sich nicht einmischen dürfen. Es kommt nur auf die Art an, wie sie es tun.

Guter Rat

Denn wer mitreden möchte, muss schon auch ein bisschen von der Sache verstehen. Deshalb finde ich es so wichtig, dass wir die Bürgerinnen und Bürger wirklich in die Partizipation bekommen. Zum Beispiel über die Bürgerräte, die wir Grünen sowohl in unserem Grundsatzprogramm als auch im Wahlprogramm verankert haben: Dort finden Gespräche auf Bürgerebene zu bestimmten Themen statt. Die per Stichprobe ausgewählten Teilnehmer bekommen Experten an die Seite gestellt, die ihnen fachlich zuarbeiten. So können die dann Entscheidungen treffen, die sowohl lebensnah als auch fundiert sind.
Und die brauchen wir. Dringend.
Seit 50 Jahren fahren wir in Deutschland eine Landwirtschaft, die nachweislich nicht funktioniert. Wir müssen in eine Transformation kommen und dafür müssen wir Lösungswege aufzeigen. Keine Frage: Diese Transformation ist hochkomplex, weil das alte System auf allen Ebenen so eingefahren ist. Aber alles andere geht eben nicht …

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